Was tun, wenn man wie Basketballstar Franz Wagner mehr als 200 Millionen Euro verdient Finanzexperte Jean Meyer weiß es und gibt Tipps, wie wir auch als Normalverdienende reicher werden können.
Herr Meyer, Basketballstar Franz Wagner hat gerade einen neuen Vertrag unterschrieben, der ihm in den kommenden fünf Jahren umgerechnet rund 206 Millionen Euro garantiert. Sind Sie beeindruckt?
Eine gigantische Summe, ja, die er natürlich versteuern muss. In Deutschland wären davon 45 Prozent weg. Aber er wohnt in den USA, und dort liegt die Einkommenssteuer bei 37 Prozent. Da bleibt immer noch sehr viel übrig.
Wir freuen uns für ihn und machen uns gleichzeitig Sorgen: Wie umgehen mit so viel Geld? Wird es seinen Charakter verderben?
Sie reagieren typisch deutsch, wenn ich das sagen darf. Wir Deutschen haben ein gespaltenes Verhältnis zu Geld. Auf der einen Seite verachten wir Menschen, die wohlhabend sind. Auf der anderen Seite geht jeder zweite Deutsche einmal in der Woche in die Lotto-Filiale und versucht, durch Glücksspiel Millionär zu werden. In diesem Gefühlsspagat befinde ich mich dann als Finanzberater. Sie können mit Geld Gutes und Schlechtes bewirken, ganz ähnlich wie mit einem Messer: Sie können damit jemanden schwer verletzen oder Brot schneiden. Geld ist zunächst neutral. Es liegt an uns, was wir damit machen.
Für viele Lebensbereiche gibt es Coachings und andere Hilfestellungen, nur mit Geld soll es jeder irgendwie hinkriegen.
Das ist leider so. Ich gebe regelmäßig Unterricht in der achten Klasse am Gymnasium in Lübbenau und versuche, den Jugendlichen einen positiven Bezug zu Geld zu vermitteln. Leider wird in normalen Haushalten nur schlecht über Geld gesprochen.
Sie meinen, wenn das Geld knapp ist und man sich Sorgen macht?
Genau, und damit erhält das Geld eine dunkle Farbe. Mit der Familie über Geld zu reden ist immer ein Anfano. Fraqen Sie mal Ihre Verwandten, was ieder so verdient. Dann färben sich die Köpfe rot und die Augen fallen raus. Aber niemand wird Ihnen sagen, was er wirklich verdient.
Franz Wagner gehört nun zu den Superreichen. Da er schon mit 16 in der Bundesliga gespielt hat, also früh mit Verträgen konfrontiert war, dürfte bei ihm zuhause über Geld gesprochen worden sein.
Ganz sicher. Er muss jetzt aufpassen, dass er gut beraten wird. Ich erinnere mich an ein Interview mit Mike Tyson, der erzählte, dass er 700 Millionen Dollar verdient habe in seinem Leben. Und am Ende war er pleite.
Wie konnte das passieren?
Die Kosten für seine Villen. Die bengalischen Tiger. Die Autos. Die vielen Frauen. Und Drogen. Der größte Verlustfaktor aber seien die falschen Berater gewesen, sagte er.
Woran kann eine Beratung so fundamental scheitern?
Der durchschnittliche Haushalt, der nicht besonders vermögend ist, wird von Menschen oder Institutionen beraten, die noch ärmer sind als sie selbst. Das führt zu riesigen Interessenkonflikten. Ich meine damit nicht nur Bankangestellte, sondern auch Finanzberater, die ihren Kunden Produkte verkaufen, die sie selbst nicht haben.
Welche Summe sollte einen dazu veranlassen, sich beraten zu lassen?
Jede! Wenn Sie beginnen, 50 Euro im Monat zu sparen, sollten Sie sich einen Berater suchen, der Ihnen zeigt, was Sie mit dem Geld machen können.
Aber der Berater kostet ja schon mal mehr als 5O Euro.
Am Anfang kostet der Berater vielleicht sogar zweitausend Euro. Aber das ist gut investiertes Geld.
Ab wann sollte man mehr Konten haben als ein Girokonto?
Immer! Wenn Sie studieren und nebenbei arbeiten und vielleicht 538 Euro verdienen, dann sollten Sie neben Ihrem Girokonto ein Investmentkonto haben, auf das Sie jeden Monat zehn Prozent Ihres Verdienstes draufbuchen lassen. Und für sich arbeiten lassen. Ab einer gewissen Vermögensgröße sollten Sie Ihr Geld in unterschiedliche Anlagen streuen. Da gehört neben dem Aktienfonds auch die Immobilie dazu. Da gehört auch das Edelmetall dazu. Vielleicht auch Kunst und
Oldtimer.
Und diese breit gestreuten Anlagen sind sinnvoll, weil sie sicher sind und Rendite bringen?
Viele bringen Rendite, ja, Gold nicht. Gold ist nicht wertschöpfend tätig. Das ist ein Metall, dessen Wert sich nach Angebot und Nachfrage richtet. Aber Gold ist eine Währung, die seit 5000 Jahren funktioniert. In Deutschland hatten wir in den vergangenen hundert Jahren sieben unterschiedliche Währungen. Die sind alle gealtert. Papiergeld kehrt früher oder später zu seinem inneren Wert zurück. Und der ist Null.
Also sollte Gold bei Superreichen immer dabei sein, das sollte Franz Wagner erfahren.
Gold, oder sagen wir: Edelmetalle.
Haben Superreiche noch ein Girokonto?
Ja klar, wie jeder andere auch.
Wie viel hebt Jemand für den Tag ab, der auf seinem Konto Hunderttausende Euro liegen hat – wohl keine 5O Euro?
Nein.
Verändert sich das Verhältnis der Superreichen zu ihrem Bargeld?
Es bleibt prozentual gleich, aber es verändert sich in der nominalen Höhe. Ich war gestern im Hotel Adlon in Berlin, dort hinterlassen Sie dem Servicepersonal ein höheres Trinkgeld als zum Beispiel im Ibis.
Wer Millionen verdient und mit seinen Kumpels Pizza essen geht, hat sicher das Gefühl, die Rechnung übernehmen zu müssen.
Ja, und das ist dann auch legitim. Es wird sicher Freunde geben, die sagen: Ich möchte selbst zahlen. Ich möchte nicht, dass sich unsere Freundschaft durch dieses Geld verändert: Wir teilen durch sechs, so wie früher. Und das sollte der Reiche respektieren.
Muss jemand Superreiches wie Franz Wagner den Eltern etwas überweisen, der Oma, weiteren Verwandten … ?
Am besten eher nicht. Wenn Sie Ihren Tanten einfach große Geldsummen schenken, stufen Sie sie dadurch herab. Ist jemand in Not oder hat einen konkreten Wunsch, der bisher nicht erfüllt werden konnte, dann verschenken Sie die entsprechende Summe. Ansonsten ist jeder für sein eigenes ökonomisches Leben verantwortlich.
Aber wie soll das gehen, wenn jemand wie Franz Wagner schon als Teenager viel Geld verdient – der wird ja seine Eltern irgendwie beteiligen am Verdienst?
Ich glaube nicht, dass Franz Wagner seiner Mutti eine Million überweist und sagt: Mach was Schönes draus. Damit sind andere Familienmitglieder auch überfordert: Das ist, als würden sie im Lotto gewinnen. Sie können nichts verschenken, ohne etwas damit zu verknüpfen.
Wie meinen Sie das?
Sie müssen dem Geld einen Sinn verleihen, sonst kaufen Sie nur Ihr Gewissen frei. Verschenken Sie Geld, das an Bedingungen geknüpft ist: 50.000 Euro für das Studium Ihres Neffen zum Beispiel. Ein Haus für die Mutter. Sonst werden Sie enttäuscht: Es kann sein, dass mit Ihrem Geld Dinge passieren, die Sie gar nicht wollten. Dann kauft jemand eine Küche für 80.000 Euro, ein Cabrio für 100.000 Euro …
Aber ist es noch eine Schenkung, wenn ich bestimme, was mit dem Geld geschehen soll?
Große Summen überfordern die Menschen. Manchmal sterben vermögende Kunden, die ihre Kinder nicht auf ihr Vermögen vorbereitet haben. Und dann wandert ein Depot von einer Million Euro an den Sohn und die Tochter, manchmal vom Munde abgespartes Geld, und dann ist es hart zu sehen, wie so ein Depot innerhalb von 24 Monaten auf Null schmilzt. Ich hoffe in solchen Momenten, dass es keinen Himmel gibt, in dem die Verstorbenen sitzen und denken: Hätte ich das Geld doch lieber der Tafel gegeben. Oder der Kulturlandschaft Spreewald.
Es macht also einen Unterschied, ob jemand früh oder später im Leben zu Geld kommt.
Je eher jemand zu Geld kommt, umso besser. Die Persönlichkeit muss mit dem Vermögen wachsen. Da sehen wir auch an den sogenannten Lottomillionären, die plötzlich zu viel Geld kommen. Spätestens nach fünf Jahren ist die Hälfte der Gewinner ärmer als vorher, sagt die Statistik. Sie können nicht mehr Freund und Feind unterscheiden und verlieren die Relation zu ihrem bisherigen Leben.
Auf welche Weise muss die Persönlichkeit mit dem Vermögen wachsen?
Jemand, der reich wird, entwickelt ein Verhältnis zu Geld. Eine Beziehung. Wenn Sie zehn Tage an der Börse verfolgen, dann werden Sie feststellen, dass Ihr Vermögen an sieben Tagen wächst und an drei Tagen fällt. Sie lernen, dem Geld Zeit zu geben, damit es für einen wertschöpfend tätig sein kann. Das ist ein Prozess. Es geht dabei um Geduld, darum, Gier und Angst abzulegen.
Das ist leichter zu erlernen für jemanden, der finanziell frei ist, der keine belastenden finanziellen Erfahrungen gemacht hat, oder?
48 Prozent der deutschen Erwachsenen schaffen es nicht, auch nur einen Cent beiseitezulegen. Und das liegt nicht daran, dass die Menschen zu wenig verdienen. Sie gehen falsch mit ihrem Geld um. In Großstädten kann ich das gut beobachten. Ich setze mich dann manchmal morgens um sieben vor eine Bäckerfiliale und beobachte die Heerscharen von Menschen, die sich für fünf Euro am Morgen ihren ersten Becher Kaffee kaufen. Angenommen, Sie geben vielleicht 30 Euro am Tag aus für Snacks, dann sind das in einem Monat knapp tausend Euro. Ich empfehle den Coffee-to-Go-Trinkern: Führt doch mal ein Haushaltsbuch. Wer das macht, hat einen großen Lerneffekt.
Welchen?
Sie lernen, achtsamer zu sein. Ihr Verhältnis zum Genuss verändert sich. Sparen heißt nicht, Verzicht zu üben und einen Mangel zu empfinden: Sparen schafft Freiräume für die Zukunft. Aus diesen zehn Euro, die ich am Tag spare, sind in zehn Jahren 20, in 20 Jahren 30 und so weiter geworden. Kleine Verhaltensveränderungen führen zu großen Ergebnissen.
Aber für jemanden wie Franz Wagner sind doch die Preise bei Starbucks egal, oder?
Ja, für den spielen sie keine Rolle.
Ab wann ist jemand „finanziell frei“?
Ich kenne Menschen, die sagen: Wenn ich alle meine Schulden bezahlt habe und auf meinem Konto liegt eine Reserve von drei Monatsgehältern, dann fühle ich mich finanziell frei. Ich kenne andere, die haben zehn Millionen Euro und leiden unter existenziellen Ängsten. Um sich finanziell frei fühlen zu können, sollte jeder einmal für sich selbst definieren, was er damit genau meint. Was er oder sie erreichen will.
Aber antworten darauf nicht alle Menschen, dass sie Millionäre sein wollen?
Klar, diese Million ist immer die Metapher für Freiheit, und das stimmt auch: Mit einer Million sind Sie in Deutschland theoretisch finanziell frei. Da können Sie den Rest Ihres Lebens machen, was Sie wollen.
Dieser Beitrag ist erscheinen im Stern: 12.07.2024 von Lisa Frieda Cossham
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Autor Jean Meyer ist Finanzberater und Fondsmanager des Aktiendachfonds Aaapollo 11 Global. Er gehört zu den besten Finanzberatern in Deutschland. Als Vortragsredner inspiriert Jean Meyer seine Zuhörer und gibt wertvolle Tipps, wie jeder Sparer sein Geld ertragreich investieren kann. |